Wir können heute unbesorgt auf unserem Bürostuhl Platz nehmen. Dem war nicht immer so. Ein Archivfilm aus der Serie „ARD Ratgeber Technik“ von 1984 warnte vor buchstäblich explodierenden Sitzmöbeln. Bei den betroffenen Modellen brachen Trägerrohre einfach ab. Die innenliegenden Druckbolzen der Gasdruckfedern wurden zu Geschossen.
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TV-Bericht enthüllt Skandal
Bürostühle waren 1984 weit von heutigen Sicherheitsstandards entfernt. So machte das investigative Team um Bernd Leptihn seinerzeit einen Skandal öffentlich. In dem TV-Bericht wurde bekannt, dass mindestens 2 Millionen Bürodrehstühle mit hochgradig fragilen Gasdruckfedern in Gebrauch wahren. Bereits länger vorliegende Hinweise des „Fachausschuss Verwaltung“ wurden damals ignoriert. Erst Ende 1984 gelangte das Thema an die Öffentlichkeit.
Im Blickpunkt stand ein weit verbreiteter Konstruktionstyp von Bürodrehstühlen. Selbst für Laien wirkt die Konstruktion schlecht durchdacht: So war der Verstellhebel für die Höhe direkt in den Kolben mit der Druckfeder eingelassen. Wurde der Metallhebel betätigt, wirkte jedes Mal Kraft auf die Nahtstelle, die so zwangsläufig brüchig wurde.

Unter der Wiegebelastung brach das Rohr früher oder später und der Bolzen schnellte nach oben heraus wie eine Kugel aus einem Gewehrlauf. Die Folge waren schwere Verletzungen. In einem Fall drang ein Bolzen laut Bericht gar in den Schädel eines Nutzers ein. In anderen Fällen durschlug das Geschoss Holzplatten. Dabei erhielten manche der gefährlichen Bürostühle sogar das seinerzeit schon eingeführte GS-Sicherheitssiegel.

Erst als Reaktion wurden Gasdruckfedern anders konzipiert. Die Feder wurde fortan in einem extra Stahlmantel gelagert. Der Zugmechanismus wurde oberhalb des Rohres verbaut. „Safe Lift System“ nannte die Industrie das damals.
Verbraucher zahlten selbst
Trotz der bekannten Gefahren, konnten die Bürodrehstühle weiterhin in Katalogen bestellt werden. Erst mit weiteren Gutachten erhöhte sich allmählich der öffentliche Druck. Schließlich kam es zu einer Medienkampagne mit Rückrufen in Tageszeitungen.
Die Kosten für Nachrüstungen wurden damals auf die Verbraucher abgewälzt. Man musste selbst einen Fachbetrieb finden und aufsuchen, der eine Muffe verbauen konnte. Die Metro Gruppe verlangte satte 70 D-Mark für die Nachbesserung. Nur Ikea bot seinerzeit den kostenlosen Austausch an.

Moderne ergonomische Bürostühle haben also in puncto Sicherheit einen weiten Weg hinter sich. Tipps für den Kauf und die Modellauswahl stellen wir in unseren Kaufratgebern für ergonomisches Bürozubehör zusammen.